An einem wunderschönen Sommerabend, irgendwo in Amerika, vielleicht in Florida …
Jeffrey B. kommt nach einem längeren anstrengenden Arbeitstag nach Hause. Eigentlich, also zumindest tagsüber, ist der gute Jeff Chef bei einem bekannten Internetversender. Wie das aber bei größeren Unternehmen so ist, findet die Arbeit nicht im Büro statt, sondern beim Golfen oder beim Alligatoren-Angeln am Amazonas.
Gefangen hatte er wohl nichts, der Blackberry ist beim Entspannungsbad im Fluß abgesoffen und ein bißchen drückt auch die schlechte PR aus den deutschen Landen auf das ansonsten wohl sehr optimistische Gemüt.
So sitzt er also zuhause bei Frau B. und möchte nur das: einfach rumsitzen. Aber, wie es sich für eine gute Frau so gehört, fragt ihn die Liebste:
„Willst du nicht was schönes machen? Du hast doch noch Zeit bis zum Dinner.“
„Nein, ich sitze hier nur.“
„Aber du könntest doch ein wenig bei Facebook reinschauen?!“
„Nö, laß ma.“
„Oder bei eBay gucken, was dein Shop so macht.“
„Nein, ich ruhe mich einfach nur mal ein wenig aus!“
„Vielleicht liest du noch ein wenig in deinem neuen Buch – ‚Getting things done‘??“
„Verdammt noch mal, nein!!“
„Dann kauf uns wenigstens ne Zeitung, schließlich müssen wir ja wenigstens ein bißchen auf dem Laufenden bleiben …“
Da hatte die Göttergattin natürlich Recht, Bildung ist ja das halbe Leben und mit den Worten „Schatz, ich kauf dann jetzt mal ne Zeitung!“ verschwindet er und kommt kurz darauf mit der Washington Post zurück …
Ja, ich mußte tatsächlich sofort ein wenig an den kurzen Zeichentrickfilm von LORIOT denken und an die Peter Zwegat-Verarsche von SWITCH, bei der sich ein Sportfan Premiere kaufte und danach in den finanziellen Abgrund stürzte … Es geht nur mit Humor – sonst müßte man wohl heulen, oder zumindest brechen.
Nun hat also der AMAZON-Chef Jeff Bezos die WASHINGTON POST gekauft. Nicht Amazon, nein der Chef, ganz privat, so für sich.
Sicher, die Meldung ist alt. Dennoch möchte ich sie ganz kurz von einer etwas anderen Seite beleuchten:
Die meisten Blogs, Podcasts und News-Seiten (meiner Filter-Bubble zumindest) diskutierten und spekulierten nur darüber, was denn nun mit der Post passiert, werden da Redakteure gefeuert, Journalisten, Drucker etc? Wird es jetzt nur noch die Kindle-Variante geben?? Oder gibt es in Zukunft nur noch eine Ausgabe, ausschließlich für die Familie B.??
Was wird dieser Visionär wohl mit dem Blatt machen? Der weiß doch, wie man Unternehmen aufbaut. Der kennt sich doch aus, mit dem Netz, wie kein anderer, der weiß doch auch, wie man mit Kleinstmargen arbeitet – WAHNSINNIG SPANNEND!
Klar, kennt Bezos sich mit dem Internet aus, und vor allem auch mit Kleinstmargen. Natürlich, schließlich herrscht im Unternehmen „HEUER & FEUER“, Mitarbeiter werden primär befristet angeheuert und Klima gibt es auch nicht am Arbeitsplatz. Versandunternehmen werden gedrückt und Lieferanten werden mit halbjährigen Zahlungszielen und Werbekosten-Zuschüssen nahezu in die Knie gezwungen.
Und das alles nur, damit sich ein ZI-IH-OH sich eine Zeitung kaufen kann, einen ganzen Verlag!
EINE PRIVATE PERSON KAUFT EIN GANZES UNTERNEHMEN – FÜR 250 MILLIONEN DOLLAR??!!
Da kann einer noch so visionär sein (Zitat Altkanzler Schmidt: „Wer Visionen hat, sollte mal zum Arzt gehen.), aber ich glaube nicht, daß sich der Herr B. sein abartiges Vermögen selbst verdient hat. Glaube ich beim besten Willen nicht. Sorry, Jeff!
Ja, es ist nett, bei Amazon zu bestellen. Ja, ich habe hier auch Partner-Links im Blog und ja, man kann da auch mal alte Bücher verkaufen oder alte Sammlerstücke finden und so vieles mehr.
Alles prima! Nur würde es mir weit mehr Spaß machen, wenn die Gewinne, die aus all dem entstehen, etwas anders verteilt würden. Dann könnten sich alle ihre eigene Washington Post kaufen – einfach nur eine pro Tag, so aus Papier, ganz simpel. Reicht doch auch, oder?!